Interview mit Marvin Melzer von DAKIS

26.07.2024
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Marvin Melzer (links) auf einer Versuchsfläche mit einer Beetle Bank
Marvin Melzer (links) auf einer Versuchsfläche mit einer Beetle Bank

Marvin Melzer ist seit April in der Koordination von DAKIS und hat uns ein Interview gegeben.

Möchtest du dich einmal kurz vorstellen?

Ich bin Marvin Melzer und gemeinsam mit Sonoko Bellingrath-Kimura und Cheng Chen seit April 2024 der neue Koordinator von DAKIS. Ich habe Gartenbau und Agrarwissenschaften an der TU München studiert und bin seit Beginn des DAKIS Projekts 2019 dabei. Seit 2023 habe ich erste Erfahrungen in der Koordination durch ein internes Kurzprojekt namens "Erospot" gesammelt. Parallel arbeite  ich an meiner Promotion, die ich zum Jahreswechsel abschließen will.

Was ist dein Promotionsthema?

Mein Promotionsthema sind Farm Management Information Systems (FMIS). In meinem ersten Paper habe ich Nutzungsdaten von Landwirt:innen analysiert, um herauszufinden, welche digitalen Tools sie benötigen, um Maßnahmen zur Förderung von Ökosystemleistungen umzusetzen. Das zweite große Thema ist Erosionsschutz und Gewässerschutz, dass sich gut mit FMIS verknüpfen lässt. Im DAKIS Projekt schlagen wir Landwirt:innen konkrete Maßnahmen, z.B. Beetle Banks vor, um Erosion und Gewässerverunreinigungen zu verhindern. Es geht darum zu zeigen, wo diese Maßnahmen am effektivsten sind, welche Effekte sie haben und welche Anreize, z.B. Fördergelder, die Landwirt:innen dafür bekommen können.

Was sind denn Beetle Banks?

Beetle Banks, oder Käferwälle, sind streifenförmige Wälle in den Ackerflächen, die als Habitat für Käfer und andere Insekten und Wildtiere dienen. Die Wälle werden durch entgegengesetztes Pflügen erzeugt, sie sind circa 40-50 Zentimeter hoch. Sie haben die Eigenschaft, dass sie sich schneller erwärmen und abtrocknen und sind dadurch besonders für Käfer als Habitat sehr bedeutend. Dort können sie überwintern. Einige dieser Insekten- und Käferarten sind auch für die natürliche Schädlingsbekämpfung auf den Flächen relevant, das heißt, der Landwirt kann theoretisch Pestizide reduzieren und sich diese Käfer zunutze machen. Das war die ursprüngliche Idee dieser Maßnahme. Und die zweite Idee ist jetzt, diese Beetle Banks nicht nur als Käferhabitat zu nutzen, sondern auch als Wall, der herabfließendes Wasser, z.B. bei Starkregen, auf der Fläche halten und Erosion und womöglich auch Hochwasser reduzieren kann. Die Kombination aus beidem, also Biodiversität fördern, Oberflächenabfluss und Erosion reduzieren ist eine tolle Synergie, vereint in einer Maßnahme. Die Idee ist, dass man zukünftig Maßnahmen dort empfiehlt, wo man solche Synergien für verschiedene Ökosystemleistungen bekommt.

Du machst deinen Job mit viel Leidenschaft. Hast du dein Hobby zum Beruf gemacht?

Naturschutz war schon immer mein Hobby. Nach dem Abitur habe ich beim Bund Naturschutz einen Freiwilligendienst absolviert und viel mit dem Landschaftspflegeverband zusammengearbeitet. Meine heutige Arbeit ist noch immer von damals geprägt.  In der ländlichen Region im Süden Bayerns, in der ich lebe, bin ich stark mit der Natur verbunden. Die hügelige Landschaft des Tertiärhügellandes zeigt mir die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Acker Bodenerosion und Gewässerschutz. Gerade jetzt wo es immer wieder stark regnet. Da liegt es auf der Hand sich für dieses Thema zu interessieren.

Beim NABU bin ich zudem ehrenamtlich in einem tollen Projekt namens "Fairpachten", das Landbesitzer:innen, die ihr Land verpachten wollen, hilft, neue Naturschutzverträge mit Landwirt:innen auszuhandeln. Dabei geht es auch um kleinteilige Maßnahmen, wie wir sie bei DAKIS dem Landwirt und der Landwirtin bereitstellen. Ich kann mir gut vorstellen das DAKIS auch ein Beratungstool für Verpächter werden kann und dadurch noch mehr Maßnahmen für Ökosystemleistungen umgesetzt werden können. Landwirt:innen und Gesellschaft müssen da unbedingt an einem Strang ziehen.

 Was genau machst du bei DAKIS und was ist bei der Koordination am wichtigsten?

Beim DAKIS Projekt arbeite ich an der Ermittlung und Bewertung von Ökosystemleistungen, insbesondere zum Thema Erosion. Ich erstelle Karten mit Maßnahmen zur Verhinderung von Erosion und stelle diese in einer 3D App dar. Mein Ziel ist es, nicht nur theoretisch zu arbeiten, sondern auch eine Vision für konkrete positive Auswirkungen von Maßnahmen wie den Beetle Banks in der Realität umzusetzen. Deswegen suchen wir für die zweite Förderphase auch Landwirt:innen die Interesse haben, die Maßnahmen in der Praxis zu testen. Bei der Koordination ist es wichtig den Überblick zu behalten und eigene Ideen einzubringen. Die Herausforderung besteht darin, alle Partner auf ein gemeinsames Ziel auszurichten und die Outputs sinnvoll miteinander zu verknüpfen.

Wie wird die zweite Förderphase laufen?

Für die zweite Förderphase haben wir 9 Partner, darunter das „Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie“, die Uni Bonn, das Forschungszentrum Jülich, die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, das „Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz“, die Hochschule Osnabrück, die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und die Fraunhofer Gesellschaft. Jeder Partner hat eine:n Teilprojektkoordinator:in und mehrere Mitarbeiter:innen, darunter auch Doktorand:innen, Master- und Bachelorstudent:innen. Insgesamt sind etwa 30 bis 40 Personen involviert.

Wir haben einen Prototyp bei DAKIS entwickelt, der webbasierte Empfehlungen für Landwirt:innen anbietet – dieser Prototyp ist eine Art Plattform. Wir haben verschiedene Partner:innen und Doktorand:innen, und jede:r hat sein eigenes Projekt. Ich habe mich mit der Erosion und den Beetle Banks beschäftigt. Andere haben sich zum Beispiel mit der Unterteilung von größeren Flächen beschäftigt oder mit Hecken. All diese Teilmodule sollen in diese Plattform integriert werden. So kann man dann auf die verschiedenen Funktionen zugreifen und diese miteinander verknüpfen. Das ist jetzt die Herausforderung. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Upscaling des Systems für Deutschland. Das heißt wir wollen nicht nur für Testregionen, sondern flächendeckend anwendbare Lösungen entwickeln.

Was ist in der weiteren Planung des Projektes wichtig?

In der weiteren Planung von DAKIS ist es wichtig, dass Landwirt:innen die empfohlenen Maßnahmen umsetzen. Dabei wird untersucht, ob die Maßnahmen nachvollziehbar und praxistauglich sind und wie sie sich auf den Flächen auf Ertrag und andere Ökosystemleistungen auswirken. Monitoring-Systeme werden genutzt, um die umgesetzten Maßnahmen zu validieren, beispielsweise durch Satellitenbilder und Messungen des Pflanzenbestands. Und wie gesagt, alles muss verknüpft werden, zu einem großen Ganzen.

Vielen Dank für das Gespräch.